Mittelständische Wirtschaft durch Krisen unter Druck
Berlin. Die mittelständische Automobilwirtschaft steht hinsichtlich Mobilitätswende und Wirtschaftskrise vor großen Herausforderungen. Fakten dazu lieferten drei Fachleute beim 17. Berliner Automobildialog, veranstaltet vom ZDK-Hauptstadtbüro mit Dr. Christoph Konrad und Alex Jan Erdmann.
In seinem Video-Grußwort forderte Tilman Kuban, MdB, Mitglied des Wirtschaftsausschusses und Bundesvorsitzender der Jungen Union, ein klares Bekenntnis der Regierung zum Automobil. Die CDU unterstütze die Forderung des Kfz-Gewerbes, bei der Neuregelung der E-Auto-Förderung das Bestelldatum des Fahrzeugs zugrunde zu legen. Auch Hybridfahrzeuge müssten als ein niedrigschwelliger Einstieg in die E-Mobilität weiter gefördert werden.
Für den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) wies Uta Maria Pfeiffer, Abteilungsleiterin Mobilität und Logistik, darauf hin, dass auf dem Weg hin zur Klimaneutralität bis 2045 dringend grüne Kraftstoffe benötigt würden. Die Ukraine-Krise beschleunige die Abkehr von den fossilen Kraftstoffen. Dringend notwendig sei die Ertüchtigung der Infrastruktur auf der Straße mit zurzeit 6.000 maroden Brücken, auf der Schiene mit vielen stillgelegten Gleisen und auf dem Wasser, wo zahlreiche Schleusen ausgebaut werden müssten.
Mit einem sehr hohen Auftragsbestand bei niedrigem Produktionsniveau hat die Automobilindustrie in Deutschland zu kämpfen. Laut Dr. Manuel Kallweit, Leiter Economic Intelligence & Volkswirtschaft beim Verband der Automobilindustrie (VDA), werde diese Situation noch länger anhalten, da zurzeit etwa 12% der weltweit verfügbaren Containerschiffe und damit doppelt soviel wie vor Corona im Stau stünden und die Lieferketten dadurch massiv beeinträchtigt würden. Mit zusätzlichen Produktionskapazitäten für Halbleiter sei in diesem Jahr auch nicht zu rechnen. Im gesamten verarbeitenden Gewerbe in Deutschland klagten 75% der Unternehmen über fehlende Produkte. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte hätten im April 2022 um 33,5% über dem Vorjahresmonat gelegen.
Prof. Dr. Hubertus Bardt, Geschäftsführer und Leiter Wissenschaft beim Institut der Deutschen Wirtschaft, wies darauf hin, dass das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland in diesem Jahr vor dem Kriegsbeginn in der Ukraine bei 4% erwartet worden war. Aktuell habe sich diese Erwartung halbiert, das würde 65 bis 70 Milliarden Euro ausmachen. Es sei davon auszugehen, dass das Energiepreisniveau nicht wieder das Vorkrisenniveau erreichen werde, aber auch nicht dauerhaft auf dem jetzigen Level verbleiben werde.