Bonn. Unvermindert gefragt ist die Schlichtungskompetenz der bundesweit 100 Kfz-Schiedsstellen.
Im vergangenen Jahr haben sie rund 8 600 Schlichtungsanträge bearbeitet. Deren Zahl lag um 2,8 Prozent unter dem Wert von 2018. Das ergibt die ZDK-Bilanz für 2019.
Von den insgesamt 8 584 Anträgen wurden 90,8 Prozent (7 793) im Vorverfahren und damit im direkten Austausch zwischen Schiedsstelle, Kunde und Kfz-Betrieb geregelt.
791 Anträge (9,2 Prozent) gelangten vor eine Schiedskommission. Die Mehrzahl der Anträge (7 072 bzw. 82,4 Prozent) bezog sich auf Reparatur und Wartung.
Die Kunden bemängelten vor allem unsachgemäße Arbeit, nicht nachvollziehbare oder vermeintlich zu hohe Rechnungen sowie nicht in Auftrag gegebene und trotzdem durchgeführte Arbeiten.
Bei den insgesamt 1 512 Anträgen (17,6 Prozent) an die Gebrauchtwagen-Schiedsstellen standen technische Fahrzeugmängel ganz oben auf der Liste, gefolgt von nicht benannten Unfallschäden.
Kfz-Schiedsstellen gibt es seit 50 Jahren
Die aktuelle Statistik fällt ins Jahr des 50-jährigen Bestehens der Kfz-Schiedsstellen. Das Jubiläum ist Anlass für den ZDK, gemeinsam mit den Partnern ADAC, Deutsche Automobil Treuhand (DAT) und Europäisches Verbraucherzentrum (EVZ) über dieses bewährte Schlichtungsverfahren zu informieren.
Statements (BMJV, ZDK, ADAC, DAT, EVZ)
„Kfz-Schiedsstellen klären außergerichtliche Streitigkeiten zwischen Autokunden und Kfz-Meisterbetrieben. Gemäß dem Motto ‚Schlichten statt richten‘ hat dieses bewährte Verfahren eine hohe Befriedungsfunktion. Es entlastet die Justiz und leistet einen wichtigen Beitrag für den Schutz der Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher. Gern tragen wir als Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Förderung von Verbraucherinformation und Verbraucherbildung sowie die Begleitung von Dialogprozessen zwischen den verschiedenen Akteuren bei.“
Gerd Billen, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)
„Die Kfz-Schiedsstellen sind eine freiwillige und branchenspezifische Institution der Organisation des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes für den Verbraucherschutz. Dieses Verfahren hat sich in den letzten 50 Jahren zu einer Erfolgsgeschichte für Autofahrer, Werkstätten und Gebrauchtwagenhandel gleichermaßen entwickelt. Kunden können ihre Rechte gegenüber Kfz-Innungsbetrieben bei Serviceleistungen und beim Gebrauchtwagenkauf überprüfen lassen und bekommen berechtigte Ansprüche in der Regel schnell erfüllt.“
Jürgen Karpinski, Präsident, Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK)
„Als Anwalt der Verbraucher ist der ADAC maßgeblich an der Einrichtung der Kfz-Schiedsstellen beteiligt und wirkt seit 50 Jahren aktiv an deren Arbeit mit. Durch den Einsatz der Schiedsstellen-Kommissionen können die Verbraucher sicher sein, dass sie mit ihrem Anliegen auf fachlich kompetente und praxiserfahrene Experten treffen. Gerade deshalb ist die Institution der Kfz-Schiedsstellen für den Verbraucherschutz in Deutschland wegweisend und auch in Zukunft unverzichtbar.“
Gerhard Hillebrand, ADAC Verkehrspräsident
„Die Kfz-Schiedsstellen sind ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass Bewusstsein der Autofahrerinnen und Autofahrer für diese Art der freiwilligen Schlichtung zu schärfen. Denn laut dem DAT-Report 2020 wissen lediglich 43 Prozent der Werkstattkunden, dass es die Kfz-Schiedsstellen gibt, 56 Prozent hingegen kennen sie nicht. Die Schiedskommissionen sind mit Sachverständigen der DAT besetzt, die auf Basis ihres Fachwissens und ihrer Erfahrung bei der Fahrzeugüberprüfung eine neutrale Analyse der zu regelnden Sachverhalte beisteuern.“
Jens Nietzschmann, DAT-Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsleitung
„Im Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) ebnen wir Verbrauchern aus anderen EU-Ländern den Weg zu den Kfz-Schiedsstellen, wenn sie Meinungsverschiedenheiten mit einem Kfz-Betrieb in Deutschland haben. Die gütliche Streitbeilegung ist für Verbraucher schneller, kostengünstiger und insgesamt einfacher. Als Beratungsstelle für Schlichtung in Europa setzen wir uns dafür ein, dass mehr Menschen von dem Angebot und der Expertise der Kfz-Schiedsstellen profitieren können.“
Karolina Wojtal, Leiterin EVZ Deutschland
Was Verbraucher wissen wollen
Wie finde ich die richtige Schiedsstelle? Der Geschäftssitz der Werkstatt oder des Autohauses ist ausschlaggebend für die jeweils zuständige Kfz-Schiedsstelle. Zu finden sind sie auf der Internetseite kfz-schiedsstellen.de, gelistet nach Bundesländern. Dort kann sich der Kunde schriftlich oder telefonisch melden. Rund 90 Prozent der Fälle regelt die Schiedsstelle ganz unbürokratisch ohne Verhandlung im Vorverfahren.
Kommt es zum Schiedsverfahren, befassen sich je ein Vertreter des Kfz-Gewerbes und des ADAC sowie ein öffentlich bestellter und vereidigter Kfz-Sachverständiger der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) mit dem Fall. Den Vorsitz der Schiedskommission hat ein zum Richteramt befähigter Jurist. Bei Streitigkeiten aus Reparaturaufträgen kommt der Sachverständige einer anerkannten Prüforganisation hinzu. Am Schiedsverfahren nehmen grundsätzlich alle Mitglieder einer Kfz-Innung teil – erkennbar am blau-weißen Meisterschild und einem entsprechenden Passus in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Andernfalls haben Kunden die Möglichkeit, sich an die Universalschlichtungsstelle des Bundes zu wenden. www.kfz-schiedsstellen.de