Bonn. Die Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung (Kfz-GVO) läuft 2023 aus und steht vor der Verlängerung. Die Konsultation der Europäischen Kommission zu den Leitlinien beginnt im Juni. Die Bundesfachgruppe Freie Werkstätten im ZDK hat dazu einen detaillierten Forderungskatalog formuliert und auf ihrer Sitzung am 5. Mai in Bonn vorgestellt.
Ein wichtiges Thema: Den Werkstätten soll ermöglicht werden, digitalisierte After-Sales-Dienste anzubieten, die aus zivilrechtlichen Gründen nicht dem Verkäufer vorbehalten sind. Laut ZDK-Vizepräsident Wilhelm Hülsdonk hat das insbesondere auch für markengebundene Werkstätten und für den Automobilhandel existenzielle Bedeutung, da der Zugang zu vernetzten Fahrzeugen zunehmend erschwert wird und digitale Geschäftsmodelle bereits heute nur durch die Fahrzeughersteller möglich sind. „Ohne eine sektorfreundliche Regulierung drohen nicht nur aus Sicht des Kraftfahrzeuggewerbes irreparable Wettbewerbsnachteile für die Branche und die Kunden“, so Hülsdonk.
Zurzeit nehmen die Automobilhersteller etwa bei "Over-The-Air-Updates" oder "On Demand Car Functions“ eine Monopolstellung ein. Dies betrifft eine Vielzahl von Services im Werkstattgeschäft, wie zum Beispiel Navigationsfunktionen, digitaler Radioempfang, Smartphone Interfaces, Schiebedachfunktion/Standheizungsfunktion, Anpassung der Motorleistung/Reichweite, Licht-Funktionspakete, Einparkassistenten oder Spurhalte- bzw. Spurwechselassistenten. Diese Services sollten so gestaltet werden, dass zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs alle Werkstätten diese Dienste mit verhältnismäßigem Aufwand Verbrauchern anbieten können. Hierzu zählen insbesondere sogenannte Abo-Modelle, bei denen Kunden für zusätzliche Fahrzeugfunktionen Abonnements mit dem Automobilhersteller abschließen müssen.
Ein weiteres wichtiges Thema betrifft die „Bereitstellung der für Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen erforderlichen Ersatzteile“. Um Wettbewerbseinschränkungen zu vermeiden, muss die Herstellung und Bereitstellung von cybersicherheitsrelevanten Identteilen sowie von generischen Ersatzteilen durch Drittanbieter (insbesondere unabhängige Teilehersteller) ermöglicht werden. „Die Herstellung solcher Teile darf kein Monopol der OEM werden“, betont Hülsdonk. Insofern müssen alle erforderlichen Daten für die Herstellung den Drittanbietern unmittelbar zur Verfügung gestellt werden. Auf absehbare Zeit werden cybersicherheitsrelevante Ersatzteile eine wesentliche Rolle spielen und einen bedeutenden Teil der Instandsetzungskosten darstellen. Daher ist dieser Aspekt essentiell für die Vermeidung von Wettbewerbsbeschränkungen.
Des Weiteren soll in den Leitlinien klargestellt werden, dass in Verbindung mit der Forderung nach fairem Zugriff auf Reparatur- und Wartungsinformationen (RMI) der administrative Aufwand für die Identifizierung von Ersatz- und Verschleißteilen sowohl für freie Werkstätten als auch für markengebundene Werkstätten beim Service von Fremdmarken begrenzt wird. Denn erhöhte administrative Aufwände sind wettbewerbsbeschränkend. Nach Ansicht der Bundesfachgruppe wirken sich auch fahrzeugherstellerseitige Anreizsysteme zur Bestellung von OEM-Teilen wettbewerbseinschränkend aus. Daher wird von der EU-Kommission eine entsprechende Klarstellung gefordert.
Weitere Themen für die Konsultation betreffen den „Zugang zu vernetzten Fahrzeugen sowie Datenumfang, -qualität und Funktionalität neuer Kommunikationstechnologien“ , „Wettbewerbsverhindernde Marktverschließungen, Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen im Rahmen von Gewährleistungen sowie Werkstattsteuerung bei autonomen Fahrzeugen“, „Diskriminierungsfreie Aufnahme in das Vertragswerkstattnetz der OEM ermöglichen“ sowie „Verhinderung von zentralen Preisvorgaben für Originalteile“.