Cem Özdemir MdB, Bündnis 90/Die Grünen, äußert sich im ZDK-Interview zu Fragen des Kfz-Gewerbes
Bonn. Ausstieg aus dem fossilen Verbrenner, Pkw-Zukunft als E-Fahrzeuge, Einsatz anderer Technologien da, wo sie Sinn machen, Tempolimit auch für sofortigen Klimaschutz, dringende Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur: Cem Özdemir MdB, Vorsitzender im Bundestagsausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie ehemaliger Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, antwortet im Video-Interview mit Dr. Christoph Konrad und Alex Jan Erdmann vom ZDK-Hauptstadtbüro auf wichtige Fragen des Kraftfahrzeuggewerbes.
„Heute ist der Verkehr noch zu ungefähr 93 Prozent von Öl beziehungsweise Gas abhängig, deshalb brauchen wir den Ausstieg aus dem fossilen Verbrenner im Pkw-Bereich“, bezieht Özdemir klar Stellung. Letztes Jahr für die Neuzulassung von Verbrennern sei für seine Partei 2030, die EU-Kommission sage 2035, viele europäische Länder hätten bereits Ausstiegstermine genannt, im Grundsatz seien auch CDU/CSU und Grüne sich da einig, die SPD wolle etwas Ähnliches. Und es gebe eigentlich kaum noch einen Automobilhersteller, der etwas anderes vorhabe. Es gäbe dann auch Planungs- und Investitionssicherheit für die beteiligten Unternehmen.
Aus Sicht von Cem Özdemir ist die Klima-Krise soweit fortgeschritten, „dass wir es uns gar nicht leisten können, auf irgendeine Technologie zu verzichten“. Im Pkw-Bereich sei jedoch die Messe in Richtung E-Mobilität bereits eindeutig gelesen. Mit einem Wirkungsgrad von rund 70 Prozent sei diese Technik ausgereift. Wasserstoff könne etwa für Lkw auf langen Strecken genutzt werden, synthetische Kraftstoffe würden für das Fliegen gebraucht – „also die Technologien da einsetzen, wo sie jeweils die besten Lösungen sind“.
Das Thema Tempolimit sieht Özdemir ganz emotionsfrei. Umfragen würden zeigen, dass 57 Prozent der Gesamtbevölkerung für ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen seien. Selbst der ADAC sei nicht mehr prinzipiell dagegen, auch die Gewerkschaft der Polizei befürworte es. „Ich sehe eigentlich nur Vorteile: weniger Verkehrstote, sofortiger Klimaschutz und praktisch keine Kosten“, so der Verkehrspolitiker.
Bezogen auf eine Wunschkonstellation nach der Wahl kämpfe er zunächst für möglichst starke Grüne, damit sie der nächsten Bundesregierung angehören, „das würde uns, glaube ich, gut tun“. Das sehe man in den Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung und insbesondere in Baden-Württemberg. Am Ende brauche man Partner:innen, es müsse verlässlich gut regiert werden. Er wünsche sich, dass die nächste Regierung „mit Grünen dringend den Bedarf, eine gute Infrastruktur zu haben, hinbekommt“. Das betreffe etwa die Bahn, wo jede sechste Weiche, jedes sechste Gleis, jede sechste Brücke marode sei und ausgetauscht werden müsse. Das gelte übrigens auch für die Straßen: „Unsere Konkurrenz liebt Straßen, aber sie pflegt sie nicht, sie unterhält sie nicht. Darum würde ich mich gern kümmern.“
Sollte er demnächst vielleicht einen Dienstwagen brauchen, wäre dies wahrscheinlich ein E-Fahrzeug aus Baden-Württemberg. Mit den Grünen in der Regierung würden dann auch die Themen Ladeinfrastruktur und einheitliche Bezahlsysteme europaweit und nicht nur national gelöst.
Das Interview mit Cem Özdemir MdB ist Teil einer Reihe von Befragungen des ZDK. Neben Bündnis 90/Die Grünen kommen Politikerinnen und Politiker von CDU/CSU, FDP und SPD zu Wort.