Berlin. „Beschäftigungseffekte im Kfz-Gewerbe 2030/2040“ wurden auf dem 20. Berliner Automobildialog diskutiert. Dass die Branche vor einem tiefgreifenden Wandel steht – mit weitreichenden Auswirkungen auf die Beschäftigungsstrukturen – hat die aktuelle Studie zur Entwicklung des Kfz-Gewerbes aus Baden-Württemberg gezeigt.
Katja Gicklhorn von der Landesagentur für neue Mobilitätslösungen und Automotive Baden-Württemberg identifizierte in ihrem Impulsvortrag vor allem die steigende Elektrifizierung, die Digitalisierung der Geschäftsprozesse, neue Vertriebsmodelle sowie die Digitalisierung und Automatisierung der Fahrzeuge als Veränderungstreiber. Das extreme Szenario der Studie geht von 33 Prozent weniger Mitarbeitern 2030 und von 47 Prozent weniger bis 2040 aus. Mit dem technologischen Wandel gehe auch ein veränderter Wartungsaufwand, eine andere Komplexität der Prozesse und Daten sowie neue Geschäftsmodelle einher, bei denen es heiße, die Belegschaften mitzunehmen.
Christian Schneemann vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) machte deutlich, es komme in den nächsten Jahren trotz steigender Bevölkerungszahlen zu einem spürbaren Arbeitskräfteengpass. Grund dafür: Die Zahl der Erwerbstätigen gehe stärker zurück als der Bedarf an Mitarbeitern, der durch den steigenden Anteil an Elektrofahrzeugen abnehme.
Laut Ralf Kutzner von der IG Metall müsse es deshalb gemeinsames Ziel aller Akteure sein, die Arbeit im Kfz-Gewerbe attraktiv zu halten. Wichtige Punkte zur Fachkräftesicherung sieht er in der Bezahlung und in einem guten Betriebsklima. Der Wettbewerb sei groß, laut einer Umfrage im Rahmen der Tarifrunde 2023 verlören 69 Prozent der Betriebe Fachkräfte und seien 37 Prozent der Mitarbeiter bereit für einen Wechsel. „Attraktive Arbeit braucht ein ganzheitliches Konzept. Wir müssen dafür sorgen, dass weniger Handwerker abwandern“, so Kutzner. Das Kfz-Gewerbe trage eine wichtige Rolle im Zuge der Mobilitätswende und habe die Erfahrung und das Selbstbewusstsein für eine erfolgreiche Transformation.
Der Impulsvortag von Daniel Borrmann vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) beschäftigte sich mit der Frage, was die Beschäftigten in Kfz-Betrieben zukünftig können müssen und hob die abwechslungsreichen Anforderungen im Arbeitsalltag hervor, Elektromobilität und Digitalisierung böten viele Potenziale.
„Eine Transformation in der Automobilbranche ist ohne Kfz-Gewerbe nicht möglich. Die Kfz-Betriebe sind das Bindeglied zwischen Hersteller und Kunde“, so Michael Ziegler vom Kfz-Landesverband Baden-Württemberg und Mitinitiator der Studie. Die Gründe für die Veränderungen seien vielfältig, 50 Prozent weniger bewegliche Teile beim Elektroauto, Agenturmodelle und mehr Direktverkäufe der Hersteller, aber auch die Mobilitätswende und eine Politik, die sich auch gegen individuelle Mobilität und das eigene Auto stellt. Schließlich kommen wirtschaftliche Veränderungen wie Inflation, Energie- und Ressourcenknappheit hinzu sowie die Verlagerung von Produktion aus Deutschland heraus. All dies führe zu weniger Nachfrage, weniger Volumen und damit auch zu weniger Beschäftigung. Ziegler weiter: „Die Transformation bedeutet für jedes Unternehmen etwas anderes. Ich muss mich fragen, wie ist mein Betrieb positioniert und was bedeuten die Veränderungen für mein Geschäft. Die Stärke des Handels muss die Bindung zum Kunden sein.“
In der Diskussion, die von Dr. Kurt-Christian Scheel, Hauptgeschäftsführer des ZDK, moderiert wurde, bestand Konsens, dass es gemeinsamer Anstrengungen bedürfe, um das Kfz-Gewerbe als Arbeitgeber und Dienstleister attraktiv und erfolgreich zu machen. Nur wenn sich die Betriebe frühzeitig auf den Wandel einstellen, können sie erfolgreich sein.